Die Gabriele Senn Galerie zeigt erstmals in Österreich, analog zur Ausstellung in der Bawag Foundation, Arbeiten des amerikanischen Künstlers Richard Jackson (geb. 1939 in Sacramento, Kalifornien). Sein künstlerisches Werk umfasst Installationen, Skulpturen, Modelle sowie Zeichnungen, schliesst performative Elemente mit ein und behandelt häufig das Thema Malerei. Neben der ortsspezifischen Demonstration seiner Arbeit, die sorgfältig im Atelier vorbereitet wird, gilt Jacksons Interesse dem Entstehungsprozess von Kunst, wobei einander scheinbar ausschliessende Grundhaltungen wie die Rationalität einer rigorosen Konzeption mit Irrationalität und ausschweifender Hemmungslosigkeit zur Einheit verbunden werden. Prägend war Jackson Pollocks Idee von Aktion und Konzept. So können Jacksons Arbeiten Ende der sechziger/ Anfang der siebziger Jahre als ins Extrem getriebenes “Action Painting” charakterisiert werden: Es geht um den Akt des Malens, um die Expansion des Mediums Malerei. Schliesslich entwickelte Jackson das klassische Tafelbild zu einer gigantischen Malmaschine, wie sie 1997 auf der Biennale von Lyon mit „Painting with two Balls” präsentiert wurde.
Für Wien entstanden in zweijähriger Produktionsphase die raumfüllende Installation “Paint Bear” (2002), darauf bezogen eine weitere Skulptur, ein Multiple und feine Bleistiftzeichnungen auf Mylar. Jackson spielt ironisch mit der Kombination unmöglicher Materialien, mit dem Einsatz und der Transformation von Objekten, mit Anleihen bei Marcel Duchamp (dessen Humor er besonders schätzt), mit Sprache. Die Worte BEAR und BEER unterscheiden sich durch nur einen Buchstaben. Jackson verwendet den Baustoff Trex für die Herstellung von Bierflaschen, die er beispielsweise Plüschbären für Farbtropfaktionen – in Vollendung des Objekts – als funktionale, mit Trichtern kombinierten Nasen einsetzt.
Die im ersten Raum der Galerie gezeigte Installation “Paint Bear” (2002) lässt zunächst an den Zirkus denken: Ein lebensgrosser Bär steht aufrecht in einer mit Maschendraht ummantelten Metallkugel und wartet auf seinen Auftritt, der wenige Tage vor der Ausstellungseröffnung stattfinden und für das Publikum auf Video dokumentiert wird. Die von einem gewöhnlichen Gartengerät betriebene, rotierende Skulptur schleudert rot-blau-gelbe Farbgeschosse zentrifugal in den Raum und hinterlässt eine überdimensionale Malereilandschaft entlang der Wände, auf dem aus handgefertigten Puzzleteilen bestehenden Boden sowie auf drei Staffeleien mit Leinwänden, die Träger von Referenzen an Marcel Duchamp sind. Eine Spirale ist an einem rotierenden Kassettenrekorder montiert, das Fahrrad-Rad wird dazu verwendet, die konstruktive Verbindung zum Rasenmäher herzustellen. Auf die dritte Leinwand ist Duchamps porzellanes Pissoirbecken Fontaine von 1917/ 1964 gemalt, das von dem Farbe pissenden Bären getroffen und verfehlt werden wird. Der Bär fungiert somit als FONTAINE, im Slang der amerikanischen Armee wird ein Pissoirbecken als HEAD bezeichnet. Das Jonglieren mit diesen beiden Begriffen und Duchamps Fontaine werden ebenfalls für das Multiple “Two Heads” (2002) aufgegriffen. Die Farben Rot, Blau und Gelb dieser Edition sind wiederum eine direkte Bezugnahme auf die großdimensionale Malereiaktion in den Primärfarben der Installation. Im Multiple sind Bärenkopf und Pissoir januskopfartig vereint, Form und Mass des Bärenkopfes entsprechen der Form des Pissoirs und umgekehrt.