Wie schreibt man einen Text für eine Künstlerin, die es lieber hätte, er wäre nicht deskriptiv und die Audienz orientiere sich hauptsächlich an den Werken und den mehrdeutigen Titeln? Überreglementierung und das Untergraben jener ist eines der wesentlichen Themen in Cäcilia Browns Œuvre, das Bedürfnis dem Betrachter Raum für individuelle Deutung zu lassen die einleuchtende Conclusio. Die Titel kann man ad libitum interpretieren, solche wie “er zieht ein und ich zieh aus” lassen einen aus persönlicher Erfahrung geschöpften Bezug als auch gesellschaftsreflexives Auslegen zu. Bemerkenswert ist ihr raffiniertes Umgehen von Verweisen innerhalb der Kunstgeschichte, sie vollbringt es tatsächlich, trotz schon vorgekommener Materialien und Arbeitsprozesse Referenzen weitgehend fernzubleiben.

Oberflächenbearbeitung überlässt sie dem Herstellungsvorgang. Beispielsweise verfärben sich Teile einer Skulptur während des Verbrennens und setzen Ruß an, anstatt eine Lackierung zu wählen. Brown fokussiert auf im Kontrast zur Ordnung stehende Energien wie Heftigkeit und Unruhe, ihre Arbeiten entstehen unter Gewaltanwendung und zum Teil durch Zufall, wenn sie etwa Objekte von einer Brücke wirft um sie zu deformieren ohne zu viel Kontrolle über das Endergebnis auszuüben. Wie viel an Sicherheitsbedürfnis unserer Zeitgenossen suggeriert es, wenn sie beim bereits erwähnten Verbrennen der Skulpturen auf einer von Sicherheitspersonal bewachten Brache absurde, zum Selbstzweck verkommene Ordnungsergebenheit erlebt? Richtlinien gestalten das Zusammenleben ruck und reibungsloser. Es gibt jene, die wir bewusst und aktiv einhalten und solche, vom Stadtinventar verkörperte, die uns täglich subtil lenken. Poller, Straßenschilder, Mistkübel sind Bestandteile ihrer Werke, im Alltag dirigieren sie uns allein schon positionsbedingt. Es ist auch dieses Inventar, welches bei Aufruhr beschädigt wird, wenn die Sicherheit nicht mehr gegeben ist, oder wenn sich die Ordnung etwa in Form von halbunternommener, administrativ geleiteter Vertreibung gegen Bürger richtet. Die sich in der Mitte des ersten Ausstellungsraumes befindende imposante, auf Stangen montierte Wand illustriert unser automatisches Befolgen, wir müssen die Wand umgehen, die einzige andere sich bietende Option wäre mit dem Kopf durch eben jene.

Den eigenen Kopf oder den der Galeristen schont sie nicht. Sie selbst geht in der Schaffensphase an ihre Grenzen, für Kunstbetreibende heißt es eine Entschlossenheit die mit Browns Enthusiasmus kongruent ist aufzubringen, als rechtmäßig getarnte, anthropogene Konditionen zu hinterfragen als auch diese anzufechten. Zusätzliche Genehmigungen müssen eingeholt, sich in der Grauzone befindliche Unklarheiten betreffend gesetzlicher

Auflagen und bautechnischer Gegebenheiten müssen gelöst werden. Sie ist nicht gänzlich frei vom Rahmen, den der Kunstbetrieb stellt, sie ist sich ihrer eigenen Luxusprobleme, die während der Ausstellungsvorbereitungen aufkommen, bewusst. Es muss bedacht werden, welche Objekte gezeigt werden und jene müssen ausstellbar werden, als Beispiel indem sie sie auf Sockel stellt, welche ja ebenso gewählt werden.

Eine Parallele zum Ausstellungstitel kristallisiert sich: Luxusprobleme, das Klagen auf hohem Niveau, ist dem Bürger ein Mittel frei nach seinem eigentlichen Selbstbild seinesgleichen zu überragen, bis zum Zeitpunkt zu dem ihm diese Delusion genommen wird. So wie die auferlegte Ordnung zum Schein seine Interessen vertritt, so wird ihm Scheinzugehörigkeit zur Haute Volèe geliehen. Der Mittelschicht Angehörige sind die größten Abnehmer von Nachahmungen beliebter Luxusobjekte, die weniger aufwendig mit Qualitätsverlust produziert werden und erschwinglicher sind. Cäcilia Brown bietet auch “Kopien” an, Fotografien ihrer Werke, die sie im Außen platziert abgelichtet hat, in denen sich Elemente ihres Interessensgebietes finden oder die unmittelbare Umgebung das Werk selbst in irgendeiner Form widerspiegelt. Gerne denken wir vom Gebiet Kunst als solches, das sich gängigen Ordnungen entzieht, und vielleicht ist das bis zu einer gewissen Grenze tatsächlich so. Ordnung, Grenzen und Bequemlichkeit, ganz gleich ob von innerer oder äußerer Instanz diktiert, lehnt Brown vehement ab und ordnet sie der Kunst unter.

– Sandra Petrasevic

How does one write for an artist who’d much rather prefer the text to be non-descriptive and the audience to navigate solely via the displayed works and the ambiguous titles? Regulatory overkill and its undermining is an important constituent of Cäcilia Brown’s oeuvre, the need to give visitors space for their own conclusions is a natural consequence. The titles can be interpreted ad libitum, some, such as “Er zieht ein, sie zieht aus“ (he is moving in, I am moving out), may evoke associations based on personal experience but also allow for a socially reflexive analysis. Her astute avoidance of art historical references is striking, all despite her use of well-known materials and processes.

Surface design happens during production. In lieu of choosing varnish she burns a sculpture so that sections of it get soot-blackened.

Brown focuses on forces that contrast order, such as vehemence and turbulence. Creating her work requires the use of force as well as chance in order to exercise less control over the end result.

The burning of the sculpture on the grounds of unused, uncultivated land provoked an intervention by local security personnel. How much need for security in this day and age does this absurd, autotelic devotion to order suggest? Guidance and instructions render our communal life smoother. There are the ones we consciously fulfill, and then there are those embodied by public fixtures. Bollards, street signs, litterbins are components of her works; in our everyday life they subtly guide us, solely due to their position. At upheavals, it is those very fixtures that are the recipients of released frustration over emerging feelings of incertitude or anger about the regime turning against the citizen, for example in the case of licit eviction for the purpose of gentrification.

The monumental wall that is mounted on poles, presently shown at the Gallery, illustrates our mechanical willingness to obey, as we have to go around it – the only option would be to bang our head against it

Witless obedience is not an option for Cäcilia Brown, nor for her gallerists; Brown herself regularly pushes her limits while working; this means that gallerists as well need to bring up the same level of determination equivalent to Brown’s enthusiasm, questioning and combating anthropogenic rules. Additional permits need to be obtained, legal ambiguities regarding structural engineering and such must be resolved.

So in spite of her willingness to stretch the framework imposed by the art business, she is not entirely free to operate on her own grounds. She is indeed aware of her own first world problems that evolve during preparations for exhibitions, such as choosing which works should be displayed or reprocessing them in order to render them presentable.

And then, there emerges a parallel to the exhibition’s title: first world problems, respectively lamentation at a high, comfortable level; all this serves as a tool for the common citizen to distinguish himself from his peers, corresponding to his actual self-perception, and to transcend his class. Until this delusion is being taken away from him. Imposed rules are simulating to protect his interests, just as an illusory affiliation to the upper crust is being lent to him. The middle class features the vast bulk of buyers of luxury object rip-offs, produced at a lower price with a loss in quality. Cäcilia Brown offers “copies” as well, photographs of her works placed outside, providing elements from her sphere of interest or the environment mirroring the work itself in some way.

We like to think of art as a realm mostly free from conventions, and perhaps that is in fact the case to some extend. Cäcilia Brown rejects order, borders and comfort zone, no matter if brought on by herself or others and disregards it all for the sake of art.  

– Sandra Petrasevic

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