Hans Weigand (geb. 1954) spielt mit der kulturellen Identität der Konsumgesellschaft, manipuliert und kommentiert deren Formensprache humorvoll. Gerne greift er exemplarische Figuren aus dem Popkontext auf, lässt sie zum Gegenstand von digital bearbeiteten Bildern, Videosequenzen oder zu Drehpunkten großangelegter Installationen werden, macht auch nicht vor religiösen und politischen Ideologien halt. In seinen künstlerischen Produktionen fließen alternierend die verschiedensten Medien zusammen: Malerei, Fotografie, Computergrafik, Print, Film/Video, CD-Rom, Literatur und Architektur. Miteinbezogen wird phasenweise auch die Musik. In der Gruppe Pas Paravant (Anfang ’80) spielte er Gitarre, später bei Avoidance (Anfang ’90) und im Duo mit Heimo Zobernig. 2002 gründete er gemeinsam mit Raymond Pettibon die Band Crinkum Crankum.

Hans Weigands Malerei entsteht lange bevor der Pinsel zum ersten Mal die Leinwand trifft, sie entwickelt sich langsam in einer Abfolge komplexer Arbeitsprozesse. Als Ausgangspunkt dient die Fotografie. Motive werden gefunden, mit der Kamera festgehalten, gesammelt, isoliert, verfremdet, in einen neuen Kontext gebracht und schließlich auf den Bildträger appliziert, ummalt, übermalt, verwischt oder mit Rastern versehen. Der Malduktus ist rasch, schwungvoll, verläuft mehrschichtig und wird gerne zum Kippen gebracht: Farbtropfen ziehen ihre Bahnen, Farbseen hinterlassen ihre Spuren am Bildrand. Als „Painting in Progress” liegen mitunter größere zeitliche Abstände zwischen den einzelnen Maletappen. Die gewählten Farben sind oft poppig, metallisch und haben die Eigenschaft, ihre Leuchtkraft je nach Lichteinfall zu verändern. So wird Weigands großformatiges, doppelseitiges Triptychon Vor und nach dem Jüngsten Gericht (2000-2003) zum flammenden Inferno, das Teil einer jüngsten Serie von Arbeiten ist, in der er die Ikone metaphorischer Kunst, das Weltgericht von Hieronymus Bosch, aufgreift und analog dazu auch eine digitale, interaktive Collage entwickelt hat. Mittels Computermaus kann der Betrachter über die auf einem Flatscreen eingespielte Oberfläche des Bildes von Bosch gleiten, Schlüsselszenen ausfindig machen, dahinterliegende animierte Erlebnisräume erkunden. Die eingesetzten Bildausschnitte und Filmsequenzen stammen vorwiegend aus den Jahren 1968 bis 1974. So symbolisiert das berühmte Paar des Woodstock-Plattencovers Adam und Eva. Die Vertreibung aus dem Paradies bzw. das Ende der utopischen Vorstellungen der Hippie-Ära wird durch das traumatische Ereignis des „Altermond Festivals” symbolisiert und Boschs Szene verwerflicher Liebespaare ist ein Filmausschnitt von Antonioni in „Zabriskie-Point” gegenübergestellt.

Neben Fremdbezug setzt Weigand auch Selbstbezug ein: Bestimmte Motive werden in verschiedene Bildfindungen eingebracht, so ist ein in Purpur getauchter Brückenausschnitt sowohl im Altarstück als auch in der raumgreifenden Wandarbeit Bridges (2002) vorzufinden, in der Brücken und Straßenzüge aneinandermontiert wurden und ein Spiel perspektivischer Überblendung liefern. Schematische Satellitenschüsseln sind bereits seit Mitte der 90er Jahre ein immer wiederkehrendes Utensil auf Bild und Objekt. Das Ornament als kleinteiliges, vernetztes Gewebe hingegen zeigt sich auf grossen Fahnen, die inmitten von Gemälden im Raum schweben und Träger von kaleidoskopartig zusammengesetzten Endlosmotiven sind. Einmal mehr werden hier die fließenden Grenzen in Hans Weigands Intermedia-Kunst evident und deren bewusste, ausschweifende Wandelbarkeit.

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