Cäcilia Brown Kerstin von Gabin Thea Moeller Alexander Ruthner Marina Sula
Alle Künstlerinnen und Künstler, deren Werke in dieser Ausstellung gezeigt werden, beschäftigen sich in ihrem Schaffen schon seit langer Zeit mit dem öffentlichen Raum und testen seine verschiedenen Bestandteile innerhalb der Grenzen der Galerie aus. Durch die verschiedenen Distanzen zwischen den zugänglichen Bereichen sehen wir uns konfrontiert in einer Position, die die Meta-Ebene anspricht, mit Werken, welche die Distanzen immer kleiner werden lassen, bis wir uns direkt bei unseren Körpern wiederfinden.
Cäcilia Brown konzentriert sich auf öffentlichen Raum als Seismograph, der die gesellschaftlichen Auswirkungen auf den Menschen an die Oberfläche bringt. Oft stellen ihre Repliken Bestandteile des urbanen Raums dar, wenngleich sie durch die exzessive Bearbeitung kaum noch als solche erkennbar sind. Obwohl den Skulpturen massive, schwere Werkstoffe zugrunde liegen, sehen sie letzten Endes erstaunlich leicht aus. In ihrer Skulptur “Zahnfee” aus der Serie “Leichte Mädchen” schafft sie es, die Struktur von Betongewichten, wie sie an Bahnschienen hängen, in fragil anmutendes Wachs zu verwandeln.
In Alexander Ruthners Gemälden von Wiesen offenbart sich die Sehnsucht nach einem reinen und unberührten Ort. Schaut man genauer, erkennt man jedoch in manchen Bildern der Serie auf frappierende Weise die Verdorbenheit solcher Orte. Im Gras liegt Abfall, großteils Drogen, eine Anspielung auf subkulturelle Festivals und Partys. Hier können wir die Assoziation zu den verschiedenen Wegen Richtung Eskapismus erkennen. Ruthner nutzt in seinen Werken Bilder als Mittel, die Unmittelbarkeit zu umgehen. Oft bedient er sich an historischen Bezugnahmen und aus anderen Mediengattungen geborgten Elementen wie etwa Modekampagnen, die er sich durch seine gemalte Adaptierung zu eigen macht.
Thea Moeller beschäftigt sich mit der “Enträumlichung” architektonischer Formen. Erst macht sie rasch Fotos von zahlreichen Gebäuden, dann verlangsamt sie ihr Tempo und studiert die Fotografien akribisch genau, bis sie sich für ein Detail entschieden hat, welches sie frei von seinem üblichen Kontext und seiner Funktion nachbilden möchte. Nun beschleunigt sie ihr Tempo wieder und konstruiert rasant ihre Kunstwerke. Sie sollen gewissenmaßen unfertig, nicht perfekt aussehen und nur entfernt an die Originale erinnern. Moellers Vorliebe für Prototypen bedingt, dass der erste Versuch für sie immer auch der einzige ist.
Marina Sulas Bank verleitet uns zum Ausruhen, jedoch signalisieren die Materialien, aus denen sie gefertigt ist, alles andere als Komfort. Unter der durchsichtigen Oberfläche kommen Schläuche, Hagebuttenöl und eine Gesichtsmaske zum Vorschein, versteckte Begleitprodukte unseres Alltags. Während Schläuche nicht dekorativ genug sind, um ausgestellt zu werden, sind Gesichtsmasken Teil eines privaten, nichtöffentlichen Rituals. Beide Produkte untermalen Sulas Interesse, den Fokus auf den Körper und dessen Abwesenheit zu lenken – der Schlauch transportiert Wasser, während Gesichtsmasken aufgetragen werden und den nährenden Inhaltsstoffen erlauben, in die Haut einzudringen. Um diese Gegenstände zu verstecken, bedarf es eines auf der Bank sitzenden oder liegenden Körpers – womöglich die Vollendung des Kunstwerks.
Kerstin von Gabain sieht alltägliche Objekte, manchmal auch architektonische Details, und hat sofort ein genaues Bild im Kopf, wie sowohl das Foto, das sie machen wird, als auch das fertige Kunstwerk aussehen müssen und mit welchen Werkstoffen und Mitteln es fertiggestellt werden muss. Häufig nimmt die Künstlerin Abdrücke ihres Objekts, um die äußerliche Ähnlichkeit sicherzustellen, um dann wiederum eine Entfremdung durch das Verwenden unerwarteter Werkstoffe hervorzurufen. Ihr für diese Ausstellung zur Verfügung gestelltes Werk erinnert an eine Kletterwand – ins Auge sticht ihre wiederkehrende Vorliebe für Knochen als Vorlagen, die sie aus Wachs reproduziert, umstülpt und an der Wand zur Schau stellt.
– Sandra Petrasevic
All the artists featured in this exhibition have an ongoing occupation with public space in their practice and explore its different components placed within the gallery setting. Including such diverse distances from and to those accessible territories, we are presented with positions operating from the meta level alongside works with ever diminishing distance until we end up at our bodies.
Cäcilia Brown focuses on public space as a seismograph revealing societal implications. While often citing components of urban space, the replicas are almost beyond recognition due to profuse processing. Generated from considerably solid and weighty materials, they still end up looking remarkably light. In her sculpture “Tooth fairy” from the series “Working Girls” she translates the structure of the concrete weights that hang along railroad tracks into fragile wax forms.
Alexander Ruthner’s paintings of meadows unveil a longing for the virginal and pristine space. Albeit, some paintings of this series, uncannily only upon a closer look, disclose the corruption of such spots. The sort of litter found in his meadows, mostly drugs, hint at subcultural festivals or parties and may allow us to see the connotations between different paths to escapism. In his body of work, immediacy is bypassed via the use of images as the template. This frequently entails the back and forth of borrowed art historical references by other media such as fashion advertising, which Ruthner seems to repossess by, in turn, painting the adaptation.
Thea Moeller’s interest mainly lies in deterritorializing architectural forms. After swiftly taking pictures of a wide range of buildings, she slows down and scans the photographs meticulously until she decides on the details she is going to reproduce, devoid of its usual context and function, only to accelerate again and rapidly engineer her works. They are meant to be somewhat unfinished, imperfect and only loosely reminiscent of their origins. Further, her fondness of prototypes dictates that the first attempt in production is the only one.
Marina Sula’s bench seems to encourage us to rest, simultaneously though, the materials it consists of are anything but signaling comfort, the surface being transparent with hoses and a face mask among others displayed. All those utensils are hidden byproducts of our everyday life. While hoses are not decorative enough to be displayed, face masks are part of a private ritual. Both play into Sula’s interest in the body and its absence – the hose transporting water, while face masks are put on the skin and allow the nourishing ingredients to penetrate it. Containing solid, liquid and processed materials as well as pharmaceutical and organic goods, a delicate system of stability and instability in an increasingly complex scenario between all too human “shortcomings” and communicative capitalism’s codes of conduct are being explored.
Kerstin von Gabain detects everyday objects, sometimes an architectural detail, and initially maps out the precise idea of how the work itself as well as the picture she is taking of it has to look, and by which materials and means the result must be completed. The perfection in the formal likeness is further often achieved by taking casts of the objects, but evoking estrangement by reproducing them with surprising materials. Her work for this exhibition reminds of a climbing wall, with references to her recurrent use of bones as templates, redone in wax, everting and displaying it on the wall.
– Sandra Petrasevic