Die Mannschaft braucht Dich, Yves Klein!

Möglicherweise hätten die Betrachter der Werke von Hank Schmidt in der Beek gern etwas mehr Klarheit über die Absichten des Künstlers oder zumindest eindeutige Angaben zu den Kategorien, die in diesem Fall zur Anwendung kommen sollten: Geht es um Gedicht oder Collage, Schere oder Feder, Wort oder Bild…? Favorisiert der Künstler die Moderne unserer Tage oder das 19. Jahrhundert von Max und Moritz? Reitet er mit der Avantgarde, Speerspitze im Kampf gegen Verantwortung und Pflichterfüllung, oder sucht er nur ein gutes Nachtlager, die Luns, wie er selbst diese, zu später Stunde drängende Angelegenheit nennt? Auch ein Foto des Künstlers, Selbstportrait mit Pinsel und Palette vor Staffelei, gibt darüber wenig Auskunft, denn auf der Leinwand vor dem bergigen Ausblick in die Landschaft sind zwar die Farben des Hemdes gut zu sehen, das der Künstler trägt, und jeder erfahrene Feinschmecker oder Kunstfreund wird in diesem Farb- und Formgeflecht sofort ein mustergültig modernes Abstraktionsdesign wiedererkennen, stoffbedingt etwas verwaschen, doch genau in diesem Augenblick meldet das Foto seine Mitwirkung an und erhebt Anspruch darauf, als das hier in Frage stehende „Werk“ wahrgenommen zu werden; es verdreht den einfach formulierten Aufgabenbereich zu einer merkwürdig aufgespannten Situation, in der eines der beteiligten Elemente – Motiv, Werkzeug, Künstler, Bildebene – definitiv auf dem Holzweg ist.

Ähnliches gilt wohl für die Acryl-auf-Leinwand-Protokolle, die Hank Schmidt in der Beek nach Filmen über Künstler (oder verwandte Phänomene) malt, wobei er das Filmportrait auf seine Staffelei projiziert, um mit Pinsel und Farbe behände dirigiert den im Projektionsfeld aufscheinenden Formen nachzufahren… je nach Länge des Films bleibt ihm für die Erfüllung seines Plans eine gewisse Zeit; das vorgefertigte Geschehen selbst läuft allerdings so schnell ab, dass nach dem Abspann eine Erkennbarkeit des Gegenstandes auf seinem Bild garantiert nicht gegeben ist. Bleibt noch die Frage, ob Hank Schmidt in der Beek, ein gebürtiger Münchener (1978), der zur Zeit in Berlin lebt, da er sich zwischen so viele Stühle stellt, wenigstens als Performer oder Sänger anzusehen wäre? Auch in diesen Rollen ist er oft genug und erfolgreich aufgetreten…

Um all diesen Fragen mit einer einzigen Antwort zu begegnen: Das Verlangen nach Eindeutigkeit muss in der Causa Schmidt in der Beek den unerfüllbaren Wünschen zugeschlagen werden. Die interessierten Betrachter sollten sich mit der Aussicht anfreunden, vor allem wenn sie im Januar 2013 in der Gabriele Senn Galerie eine Ausstellung des Künstlers sehen können, dass er sich in einer Herausforderung an sich selbst aufhält, für die er jede fertige Lösung ablehnt – vergleichbar einem Dichter, der einen Reim nicht zweimal benutzt, denn Gedichte sollen sich dem Gedächtnis und den Gedanken einprägen, also nicht die eigenen Zeilen wiederholen. Dem Publikum sei dennoch versichert, dass es die erste Einzelausstellung von Hank Schmidt in der Beek in der Stadt und am besagten Ort ist. Zu sehen sind – vermutlich, um es für den Einstieg etwas einfacher anzugehen – nahezu ausschließlich Collagen, zumeist ergänzt um einige Gedichtzeilen des Künstlers selbst, welche er wiederum bestens abgestimmt hat mit den Motiven, die zum größeren Teil die Welt der Kunst beisteuern durfte und zum kleineren die Eskapaden von Max und Moritz. Letztere, ohnehin entweder flüchtig oder entschwindend, hat der Künstler auch noch „deterritorialisiert“ (so nennt man das tatsächlich, strikt nach Deleuze und Guattari, was in Wien nicht unerwähnt bleiben darf), um sie dann in einige neuere Konflikte zu verwickeln, aus denen die beiden – wenn es nach Vater Busch gegangen wäre – sicherlich nur als Entenfutter herausgekommen wären. Das aber bleibt ihnen in der Welt von Hank Schmidt in der Beek erspart.

Roberto Ohrt

Hank Schmidt in der Beek

Collage Nr. 517 (Playbor/dor), 2010
Collage

31 x 25 cm

Hank Schmidt in der Beek

Collage Nr.398 (Munch/Doof), 2011
Collage
31,5 x 25,5 cm

The team needs you, Yves Klein!

Perhaps the spectators of the works by Hank Schmidt in der Beek could use a little more clarification on the artist’s intentions or, at least, explicit information about the classifications which apply in the case at hand: Is it a poem or, rather, a collage, scissors or quill, word or image…? Does the artist prefer the modern spirit of our age or that of the 19th century of Max and Moritz? Does he ride on the wave of the avant-garde, spearheading the fight against responsibility and dutiful service, or is he, quite simply, on the lookout for a warm bed for the night, the “luns” as he himself calls this task that urgently needs to be fulfilled at this late hour? Not even a photo of the artist, a self-portrait with brush and palette in front of an easel, discloses too much about that because on the canvas, in front of the mountain view of the landscape we can clearly see the colours of the shirt that the artist is wearing, and any experienced gourmet or art lover will immediately recognize an exemplary modern design of abstraction, a little washed-out due to the fabric, but it is exactly in this moment that the photo makes its contribution known and it raises its claim to be perceived as the “work” that is in fact talked about; it twists the simply determined task into a bizarrely tense situation in which one of the elements involved – motif, tool, artist, image plane – is, for sure, on the wrong track.

Similar things are true of the acrylic paint-on-canvas-protocols, which Hank Schmidt in der Beek paints based on movies about artists (or related phenomena). Doing so, he projects the film portrait onto his easel and then, elegantly directed by brush and colour, retraces the forms that appear…depending on the duration of the movie, he is only left with a certain time-span to put his plan into practice; what is prefabricated, however, happens so quickly that after the end titles, one still cannot recognize the object in his picture. One question remains: can Hank Schmidt in der Beek, born in Munich in 1978, currently living in Berlin, who is moving between so many ends, at least be seen as a performer or singer? For he has also played these parts often and successfully…

To give one answer to all these questions: The desire for unambiguousness has to remain unfulfilled as concerns Schmidt in der Beek. Interested guests, and in particular those attending the exhibition of the artist at Gabriele Senn Galerie in January, shall, instead, become acquainted to the idea that the artist is in a constant flow of self-challenging, for which he rejects every ready-made solution, just like a poet who never uses the same rhyme twice because poems shall become part of our memory and thoughts and, thus, never repeat their own lines. But the audience shall be reassured that the first solo exhibition of Hank Schmidt in der Beek can be visited in this city at said venue. There are almost exclusively collages on display – probably with the prospect of guaranteeing an easy first access – often completed by several lines of a poem by the artist himself, which he, in return, has perfectly aligned with the motifs provided for by – for the most part – the world of art and – for the smaller part – the boyish pranks of Max and Moritz. As concerns the latter ones, the artist has additionally “deterritorised” them (an actual term which was coined by Deleuze and Guattari, something that should not go unmentioned here in Vienna), just to engage them in new conflicts, from which they would certainly only have emerged as duck food if their spiritual father Wilhelm Busch had had its way. At least they are spared in the world of Hank Schmidt in der Beek.

– Roberto Ohrt

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